Unser krimineller Ausflug
„Seid bitte vorsichtig!“ mahnt Slavi eindringlich, bevor er
uns seinen Routenplan in die Hände gibt.
Er führt das kleine Restaurant neben der Monastery in Zemen.
Wir haben einfach aber gut gespiesen und ihn nach dem Weg zum Wasserfall
gefragt. Das sei sehr kompliziert und sehr weit gab er zur Antwort. Hat uns
aber den Weg dorthin aufgezeichnet und uns an den Anfang des Weges gebracht.
Zuerst durchs Dorf, dann über eine kleine Brücke, durch die Kiesgrube, am Fluss
entlang bis zu einer schönen Wiese. Er zeigt auf einen schmalen Trampelpfad,
der im Gebüsch verschwindet.
Er gibt uns noch seine Telefonnummer, falls wir
Schwierigkeiten haben und wir geben ihm die unsrige. Es ist sehr heiss und
drückend, so verschieben wir den Ausflug auf den morgigen Tag. Zum Glück! Gegen
Abend beginnt es zu stürmen und runterzugiessen, begleitet von Blitz und
Donner. Einmal mehr loben wir unser geschütztes gri-gri.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne und nach dem Frühstück
wandern wir los.
Direkt neben dem Bahndamm führt der Trampelpfad. Nach einer
Weile kommt der erste Tunnel. Er macht einen Bogen, so müssen wir ins
Stockfinstere laufen!!! Schon ein bisschen mulmig. Wenn jetzt nur kein Zug
kommt!!! Zügig schreiten wir durch die Dunkelheit, auch Targia macht tapfer
mit. Da, ein Lichtschimmer und schnell gehen wir darauf zu nach draussen.
Nach dem Tunnel kommt die erste Brücke, aber was für eine!
Wir kommen uns vor wie in einem Wildwestfilm. Neben dem Trassee ist ein wackeliger
Brettersteg erstellt, einige Bretter fehlen gar. Ruhig und sicher geht auch
Targia hinüber und wir marschieren weiter.
Nach weiteren Brücken und Tunnel erreichen wir nach knapp 10
Kilometer die Bahnstation.
Mitten in der Schlucht bei einer Kiesgrube, ein Haus und sonst nichts! Das Stationsgebäude
ist ein kleiner Warteraum.
Hier sollten wir rechts abzweigen, über den Fluss; der
Wasserfall sollte sichtbar sein. Aber wo????? Suchen die Umgebung ab und dabei
treffen wir auf den „Stationsvorstand“.
Wir fragen ihn nach dem Wasserfall.
Er spricht kein Englisch, aber der Tonfall und der Ernst der
Mimik lässt keinen Zweifel offen!!!! Es ist strengstens verboten, dem Bahndamm
entlang zu gehen- und noch verbotener durch die Tunnels!! Er deutet mit den
Händen, dass in einer Viertelstunde ein Zug käme, wohl in der verkehrten
Richtung, und wir einsteigen müssten... Der Zug kommt, aber keine Dampflokomotive,
nein eine moderne Komposition. Per Funk hat er mit dem Lokführer gesprochen,
der Zug hält und wir müssen einsteigen. Der Kondukteur mit grosser Tasche, ja
das hat es noch, versteht uns nicht und holt kurzerhand eine junge Passagierin,
die Englisch spricht. Wir beschliessen, ins nächste Dorf zu fahren. Dort hätte
es ein Café und in einer Stunde würde der Zug von der Stadt zurückkommen und
nach Zemen fahren.
Das ist ja perfekt!
Der Bahnhof von Razhdavitsa ist auch einem Film entsprungen!
Richtig ursprünglich! Die junge Frau wird von ihrem Vater, einem massigen
bärtigen Mann mit grosser Yamaha Maschine abgeholt. Er spricht uns auf Deutsch
an. Während Jahren hatte er in St. Gallen gearbeitet.....
Im Restaurant treffen wir auf eine Familie aus Sofia und
unterhalten uns prächtig. Im Nu ist die Stunde vorüber. Am antiken
Billettschalter lösen wir die Fahrkarte für 70 Rappen pro Person für 25 Min
Fahrt und wir rollen durch die Schlucht nach Zemen zurück. Vom Bahnhof
marschieren wir wieder zum gri-gri zurück. Targia müssen wir beinahe tragen!
Sie ist nudelfertig und legt sich gleich längelang hin und rührt sich die
nächsten 2 Stunden keinen Zentimeter.
Den Wasserfall haben wir nicht gesehen, aber spannend war es
alleweil mit den interessanten Gesprächen.
Am nächsten Morgen besuchen wir nochmals Slavi, damit er
sich über uns keine Sorgen machen muss. Er freut sich riesig, holt gleich ein
Fotoalbum hervor und beginnt von sich zu erzählen. Sein Vater, ein Brücken und
Staudamm Ingenieur hatte in Mozambique eine Firma aufgebaut und sein Sohn war
für 3 Jahre in Afrika, um ihm zu helfen. Leider verstarb der Vater und Slavi
kam wieder nach Bulgarien zurück. Er wäre gerne in Afrika geblieben! Nun
versucht er, sich mit dem Restaurant über Wasser zu halten. Seine Grosseltern,
der Grossvater ist 99 Jahre alt, wohnen auch in Zemen und er schaut nach ihnen.
Der Grossvater ist noch fit, ob der Grund bei den täglichen 2 Schnäpsen liegt?
Aber auch er sagt, dass es wirtschaftlich in Bulgarien
schlecht steht. In Sofia sei noch am meisten Geld, aber auf dem Land sind die
Leute wirklich arm! Dafür geniessen sie viele Freiheiten. Sie gehen fischen, auf
die Jagd, haben eigene, schöne Gärten, sauberes Wasser und eine wunderschöne
Natur rundherum!
Alles Gute Slavi und danke für die spannende Begegnung und
Bewirtung!
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