Vom Tod und Überleben in den Anden

 

 


 

 

Bestimmt sind es 25 Jahre her, aber ich erinnere mich noch gut an den Film «Alive», daran, dass ich aufgewühlt war und nicht schlafen konnte, so beschäftigte mich damals das Schicksal dieser jungen Männer.

 

Es nahm hier in Montevideo seinen Anfang. Am 13. Oktober 1972 bestieg das uruguayische Rugby Team mit Begleitern ein gechartertes Flugzeug, um für ein Freundschaftsspiel nach Chile zu fliegen. Es waren 40 Passagiere und 5 Besatzungsmitglieder, die sich fröhlich auf den Weg machten.

 

Das schlechte Wetter zwang die Piloten zu einem Zwischenstopp in Mendoza, flog dann weiter über die Anden nach Santiago. Durch eine Fehleinschätzung des Copiloten touchierte die Maschine einen Bergkamm, schlidderte mit Höchstgeschwindigkeit den Hang hinunter, bohrte sich in den Schnee und kam abrupt zum Stillstand; auf 3.570 Metern Höhe, bei Minustemperaturen bis 30°, auf einem Gletscher, fernab jeglicher Zivilisation.

 

Den Absturz überlebten 33 Personen, einige unverletzt, die anderen leicht- bis schwerverletzt. Zwei der Rugbyspieler waren Medizinstudenten und gemeinsam versuchten sie, sich ein Bild von der Situation zu machen. Nach der ersten Nacht waren noch 28 Personen am Leben!

Jeder versuchte das Möglichste zu tun. Mit dem Rest des Rumpfes bauten sie einen improvisierten Unterstand, schlossen die Lücken mit Schnee und Gepäck, bauten aus den Sitzen Liegeplätze, worauf sie eng aneinandergereiht, sich warm geben konnten. Dank phantasievollen Ideen, wie zum Beispiel einer zurecht geformten Metallplatte, um aus Schnee Wasser zu gewinnen, verbesserten sie ihre Situation.

Aus den Sitzüberzügen schneiderten sie sich Jacken, Kopfbedeckungen und Handschuhe. Aus schwarzem Kunststoff fertigten sie sich Sonnenbrillen an, um nicht Schneeblind zu werden. Auch bastelten sie sich eine Art von wasserdichten Schuhen, um auf dem Gletscher laufen zu können.

Man muss sich vorstellen, dass die Passagiere teilweise in T- Shirts und Turnschuhen waren. Uruguay ist ein ebenes Land in gemässigtem Klima. Diese Flachländler, die keine Ahnung von der Gletscherwelt und der Höhe hatten waren durch den Absturz in eine andere Welt katapultiert worden!

Sie versuchten, ein Kofferradio zu reparieren und als es tatsächlich funktionierte erfuhren sie als erstes, dass die Suche nach ihnen nach 10 Tagen eingestellt worden ist. Einer der Gruppe äusserte sich darauf: dies ist eine schlechte und eine gute Nachricht! Die schlechte ist, dass sie nicht mehr nach uns suchen; die gute, wir wissen nun, dass es an uns liegt, einen Ausweg zu finden!

 

Nicht genug, in der 17. Nacht ging eine Lawine nieder, erfasste den Flugzeugrumpf und tötete weitere 8 Personen.

 

Das grösste Problem war die Nahrung, schon bald war der bescheidene Vorrat an Süssigkeiten und Wein aufgebraucht.

Gemeinsam beriet die Gruppe, ob sie für ihr Überleben das Fleisch von den Toten essen sollten.

Obwohl dies der einzig mögliche Weg war, weigerten sich zunächst alle, dies zu tun. Die meisten von ihnen waren Katholiken, und sie befürchteten, dass Gott sie nun bestrafen würde, wenn sie nur schon darüber diskutierten, so etwas zu tun.

Bevor sie sich also dem Kannibalismus verschrieben, versuchten sie alles, was ihnen einfiel. Sie probierten, die Füllung der aus Baumwolle gefertigten Sitze oder das Leder der Koffer und Schuhe zu essen, dabei verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand mehr und mehr.

Nach einigen Tagen beschlossen die meisten Überlebenden nach und nach, sich vom Fleisch ihrer Gefährten zu ernähren. Nur einer von ihnen entschied sich dagegen und starb kurz danach, nur noch 25 Kilo schwer.

So schnitten sie tiefgefrorene Stücke heraus und garten es auf dem heissen Blech des Flugzeuges. Der Gedanke an das woher wurde ausgeschaltet, man sah in den Fleischstücken nur ein Nahrungsmittel zum Überleben!

 

Sie begannen auch, kleinere Erkundigungsgänge zu unternehmen. Zu dritt zogen sie los. Sie fanden das abgerissene Heck und nahmen mit, was ihnen brauchbar erschien. Eine Nacht verbrachten sie im geschützteren Heck.

Sie erkannten schnell, dass sie, wenn sie irgendwohin kommen wollten, einen Weg finden mussten, um den sehr niedrigen Nachttemperaturen standzuhalten. Durch Brainstorming beschlossen sie, mit der Isolation des Flugzeugs eine Art tragbaren Unterschlupf zu bauen, und dank ihrer Teamarbeit hatten sie es in wenigen Tagen fertiggestellt.

Danach entschlossen sich drei der Überlebenden, eine Expedition nach Westen zu unternehmen um Hilfe zu holen. Ihre ursprüngliche Idee war es, auf den Gipfel des Berges zu klettern; sie dachten, dass sie auf der anderen Seite die Ebene von Uruguay sehen würden.

Als sie jedoch den höchsten Punkt des Gipfels erreichten, erkannten sie, dass die Distanz viel weiter als gedacht war. Daher kehrte einer der Überlebenden (der in einem nicht sehr guten Gesundheitszustand war) zu den Wartenden im Flugzeug zurück.

Während zehn Tagen gingen die zwei Männer, Roberto Canessa und Nando Parrado unermüdlich ihren Weg durch die unerbittliche Landschaft. Sie hatten keine Nahrung mehr, aber einige Zeichen des menschlichen Lebens liessen sie weiterhin hoffen!

Schliesslich trafen sie auf zwei Maultiertreiber und erklärten ihnen ihre Lage. Sie gaben den beiden einen Zettel mit, worin sie sich als Überlebende ausgeben und um Hilfe bitten.

Die Maultiertreiber suchten Hilfe in der nächsten Stadt. Erst einmal hörten sich die Polizisten die Geschichte skeptisch an, glaubten, die Beiden wollen sich nur wichtig machen.

Doch schliesslich startete ein Hubschrauber und es gelang, den Gletscher zu erreichen, wo die anderen Überlebenden warteten.

72 Tage nach dem Absturz konnten 16 Passagiere gerettet werden!

Voller Hochachtung stehen wir vor den Vitrinen mit den originalen Zeitzeugen: Gegenstände, Kleider, Tagebücher, Geräte, Wrackteile und vieles mehr.

Ein Freund eines der Rugbyspieler, Herr Jörg Thomsen, hat in Montevideo ein Museum zum Gedenken an den Absturz und an das Überleben danach eingerichtet.

Während wir durch die sorgfältig gestaltete Ausstellung gehen denken wir an die jungen Leute von damals. Durch den Absturz wurden sie abrupt in eine Ausnahmesituation geworfen.

Nur gemeinsam, als Team konnten sie überleben. Nach unseren Überlegungen war es ein Vorteil, dass sie als Rugby Mannschaft durchtrainiert, gesund und mental geschult – mit sportlichem Biss waren! Nie aufgeben, bis zum äussersten gehen, nie die Hoffnung verlieren; kämpfen. 

Ihnen allen zollen wir unseren tiefsten Respekt!

 

eindrücklich sind die einzelnen Schicksale der jungen Männer dargestellt

 

aus den Sitzüberzügen schneiderten sich die Überlebenden Jacken, Mützen und Handschuhe

 

 

mit diesem Blech haben sie aus Schnee Wasser gewonnen

 

 

 

 


Kommentare