zwei Tage am Paso Rodolfo Roballos

 


Im Nichts der unglaublichen Weite der Pampa verlassen wir die Ruta 40 und fahren westlich Richtung Paso Rodolfo Roballos. Die Piste ist breit, jedoch übles Wellblech. So holpern wir langsam voran, Robi konzentriert sich auf die schlechte Piste, ich kann mich in Ruhe umschauen und betrachte die wüstenähnliche Landschaft. Kommen an kleineren Seen vorbei, worauf sich Flamingos, Schwarzhalsschwäne und Enten tummeln. Im Gras suchen Wildgänse nach Futter. Gegen Abend finden wir einen bombastischen Platz mit Aussicht auf den Lago Ghio. Der Wind nimmt jedoch an Stärke zu, so fahren wir auf der unbenutzen, alten Piste hinunter, bis wir geschützt in einer Mulde stehen. Ohne Aussicht, jedoch windstill. In absoluter Stille und ohne ein Licht verbringen wir die Nacht.

Am nächsten Morgen riskieren wir einen Blick nach draussen. Es ist grau in Variationen. Holpern weiter über die Piste. Die Landschaft ist sehr schön! Wir bewegen uns in einer weiten Ebene. Bei einer Flussmündung weiden Pferde und Rinder. Gegen Chile ragen die zackigen Schneeberge auf, rechts und links erheben sich Hügel in allen Formen.

So fahren wir gemächlich dahin. Essen noch alle verbotenen Lebensmittel auf. Nach einer Abzweigung verengt sich die Piste, führt kurz und sehr steil in Kurven zwischen Felswänden hinauf. Oben angekommen öffnet sich ein weiteres breites Tal vor unseren Augen. Gelb wogen die verdorrten Gräser im Wind.

Den Paso Rodolfo Roballos haben wir bereits «bezwungen!»

Ein wenig später erreichen wir ein hübsches, kleines Holzhäuschen. Wir befinden uns am argentinischen Ausreisezoll. Per Hand wird alles notiert. Wir sind die einzigen Ausreisewilligen, so sind die Formalitäten schnell erledigt. Fahren über eine gelbe Moorlandschaft im Niemandsland zum chilenischen Zoll. Auch dort werden wir sehr freundlich willkommen geheissen, per Hand füllen wir alle nötigen Formulare aus. Er fragt uns nach frischen Lebensmitteln; die wir alle gegessen haben. Somit können wir bestätigen, keine Frischwaren mitzuführen. Chile ist mit diesem Einfuhrverbot sehr strikte, das abgeschiedene Land will damit vermeiden, Krankheiten einzuschleppen. Er glaubt uns dies, will aber aus reiner Neugier ins gri-gri hineinschauen, begeistert lauscht er unseren Ausführungen über das rollende Haus; danach können wir weiterfahren.

 

Kurz nach dem Zoll steht eine hübsche Hinweistafel auf ein Museum am Pistenrand.

Wir fahren zum Parkplatz und da das Museum geschlossen und kein Mensch zu sehen ist installieren wir uns im Schutz der Bäume. Der Wind und Regen hat zugenommen, wir verbringen zwischen ein paar Sonnenstrahlen, Windböen und Regentropfen einen ruhigen Abend. Da der Kühlschrank leer ist, müssen wir uns behelfen. Es gibt einen feinen Thonsalat mit Reis!

 

Beim Museum handelt es sich wahrhaftig um die Würdigung für Esteban Lucas Bridges, den Sohn von Mary und Thomas Bridges aus Feuerland! (blog vom 14.02.23)

Auch heute ist das Museum geschlossen. Wir können uns auf den diversen Infotafeln im Garten informieren und neugierig durch alle Fenster ins renovierte Haus hineinschauen und fotografieren.

 

Der Sohn führte ein vielseitiges und interessantes Leben.

Während seiner Kindheit auf Harberton wurde er schon früh mit den Problemen der Einheimischen Bevölkerung konfrontiert. Darum erwarb er eine Farm auf Feuerland an der Atlantikküste und bot verfolgten Einheimischen Arbeit und Unterkunft.

Er diente während dem 1. Weltkrieg in der englischen Armee. Dadurch erhielt er die Chance, in Südafrika eine Farm zu kaufen. Aber dies ging finanziell nicht auf. Eine Reise führte ihn durch den Amazonas. Doch schlussendlich kehrte er nach Patagonien zurück und amtete als Verwalter einer grossen Investorengesellschaft auf dieser riesigen Schaffarm. Daneben betrieb er einen florierenden Laden in seinem Wohnhaus. Er hielt sich mit seiner Familie hier, in Argentinien und auch in England auf. Daneben betätigte er sich als Schriftsteller. Sein bekanntestes Werk heisst: «Uttermost part of the earth».

Angeregt diskutieren wir auf der Weiterfahrt über dieses reiche Leben.

Die Piste führt uns das schöne Tal hinunter, zwischen Moorgebieten, am Fluss Chacabuco entlang, danach erneut in engen Kurven hinauf und sogleich wieder hinunter über steile, karge Hügel. Die Schafzucht ist aufgegeben, nun gehört das Tal zum Parque Patagonia. Guanakoherden grasen friedlich rechts und links der Piste. Die gefiederten Nandus rennen wie aufgescheuchte Hühner vor dem gri-gri davon. Eine Fuchsmutter mit Nachwuchs flitzt über die Piste und ein Hase verschwindet blitzschnell mit seinen langen Beinen hinter dem nächsten Busch.

Nach dem Mittag kommen wir einen weiteren, steilen Hügel hinunter und sehen vor uns, wie eine Fata Morgana Erscheinung, eine Oase in sattem Grün. Zwischen Bäumen stehen schöne Gebäude aus Porphyr Steinen. Eines der Häuser in englischem Stil stellt sich als Hotel und Restaurant heraus. Sieht gepflegt und einladend ein - und wir haben Hunger!

In der grosszügigen Empfangshalle werden wir freundlich empfangen. Im Restaurant wird uns ein Fensterplatz zugewiesen, mit Sicht ins Grüne, wo Guanako’s grasen.

Gediegen wird aufgetischt, hübsch angerichtet und es gehört sogar ein Glas Rotwein dazu! Um uns herum lassen es sich die anderen Gäste gut gehen.

Gestärkt und pappsatt steigen wir danach ins gri-gri und rumpeln weiter.

 

Am Pistenrand stehen Leute, die konzentriert eine Felswand anschauen. Wir stoppen und voller Freude wird uns gesagt, dass sich zwei Vizcachas in der Wand befinden. (Lagidium wolffsohni) Mit Fotoapparat und Feldstecher entdecken wir die hübschen, hellbraunen Tiere. Eines sieht uns direkt an, dann klettert es mühelos die Wand hinauf und verschwindet in einer anderen Felsspalte. Dabei sehen wir deutlich seinen buschigen Schwanz.

 

Die Piste führt uns weiter an einem klaren See entlang. Mit jedem Kilometer wird die Vegetation grüner, die Luftfeuchtigkeit nimmt zu und schlussendlich beginnt es zu regnen, nein das ist zu wenig, es giesst förmlich vom Himmel! Um uns herum trieft der grüne Dschungel vor Nässe! Der Paso Rodolfo Robolla ist wahrhaftig ein kleiner Hupf, keine Rede von einer Bergüberquerung. Dennoch, es ist unübersehbar; wir sind wieder auf der pazifischen Seite der Anden mit üppiger, grüner Vegetation angekommen. Misst man in der Region auf der argentinischen Seite die Regenmenge, werden Millimeter angezeigt, auf der chilenischen Seite hingegen rund 4 Meter!

 

 

ein einsamer See in karger Landschaft

 


Flamingos




nicht nur Flamingos, auch Schwarzhalsschwäne, Enten und Gänse bevölkern den See




grün entlang eines Baches


 

ein Flusslauf mit Oasen

 

 

 

Wildgänse suchen im Gras nach Futter

 

 

Schwarzhalsschwäne ziehen auf dem schmalen Wasser vorbei

 

 


Die Piste führt zwischen Felsen durch


nach einem Hügel öffnet sich der Blick auf diese Felsformation



in der Ferne leuchtet das Blau des Lago Ghio


im kargen Gras weiden Rinder und Pferde


vorbei an einem Moor


auch hier ziehen Schwäne vorbei


auf chilenischer Seite. Blick vom Museum das breite Chacabuco Tal hinunter


hübsch gestaltete Tafel, gestockt auf einer Porphyrplatte


das Haus von Lucas Bridges vor der Renovation


und sein heutiger Zustand


Lucas Bridges (Mitte) mit zwei befreundeten Schaffarmern vor seinem Haus


Farmarbeiter bei der Arbeit und bei der Foto- Pose


als die Schafszucht im Tal in grossem Stil betrieben wurde


ein Gaucho


und ein Einheimischer mit Kind


der Laden von Lucas Bridges


heute sehr hübsch eingerichtet


mit den Gegenständen von damals


im Esszimmer der Familie Bridges


im hellen, gemütlichen Wohnzimmer


Sein Arbeitstisch mit der Schreibmaschine


die ehemalige Farm


ängstlich rennen die Nandus vor dem gri-gri davon


ein verlassener Steinbruch, hier wurde Porphyr abgebaut


Zwischenhalt im Restaurant, wo wir richtig verwöhnt werden


in diesem Fels halten sich zwei Vizcachas (Lagidium wolffsohni) auf


In der Bildmitte ist einer zu sehen!


hübsch sieht er mit seinem hellbraunen Kuschelfell aus


Das andere Tier sitzt in einer Felsspalte


weiter geht die Fahrt am Rio Chacabuco entlang


nach dem Regen ist die Piste überflutet




ein Gaucho bei der Arbeit


Je weiter wir talabwärts fahren, desto üppiger wird die Vegetation


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