Eine Istanbuler Erfolgsgeschichte
Die Bautätigkeit ist auch bei unserem zweiten Besuch in
Istanbul gewaltig!
Noch mehr Hochhäuser, weitere riesige Neubauquartiere sind
entstanden.
Und noch immer sehen wir keine grossen Ansammlungen von Plastikverschlägen,
Bretterbuden oder Notbehausungen, keinen Slumgürtel um die Stadt.
Das erstaunt umso mehr bei der Tatsache, dass in den letzten
40 Jahren die Anzahl der Istanbuler (inkl. Agglomeration) von 1,5 Millionen auf
rund 22 Millionen angestiegen ist. Der grösste Teil der Zuwanderer kam aus dem
armen Osten, da durch die Mechanisierung in der Landwirtschaft ein Grossteil
der Arbeitsplätze verloren ging. Zu Beginn zimmerten sich die mittellosen
Ankömmlinge behelfsmässige Unterkünfte, sogenannte Gecekondu’s, illegal und
wild durcheinander. 1983 machten diese Wohnbehausungen in Istanbul mehr als die
Hälfte aller Wohnungen in Istanbul aus!
Bewältigt wurde dieses Problem mit einer flexibler Lösung
aus staatlicher Schenkung und privater Initiative.
Den Bewohnern der Gecekondu’s wurde das Land, auf welchem
die Hütte erbaut war, von der Regierung geschenkt. Dies geschah meist im Zuge von Neuwahlen, so
hat sich die Regierung die Unterstützung der armen Leute an der Urne gesichert.
Als Grundstückbesitzer wurden die Slumbewohner dann plötzlich für die
Baubranche interessant. Meist bot ein lokaler Bauunternehmer den
Hüttenbesitzern an, auf ihrem Grundstück, statt der Hütte, ein Haus mit
ungefähr sechs Wohnungen zu errichten. Nach Fertigstellung des Hauses erhielt
der Besitzer des Landes zwei Wohnungen als Gegenwert, die anderen vier
Wohnungen waren der Gewinn des Unternehmers.
Aus den bettelarmen Einwanderern vom Land waren so in
relativ kurzer Zeit Wohnungsbesitzer geworden, die für sich eine neue, saubere
Wohnung hatten und erst noch die zweite Wohnung vermieten oder Verwandten aus
dem Dorf zur Verfügung stellen konnten!
Innert kurzer Zeit verschwanden so die hässlichen Slums und
wichen konformen, bescheidenen
Wohnungen.
Dazu können wir ein interessantes und informatives Buch
empfehlen von Jürgen Gottschlich: Türkei Ein Land jenseits der Klischees; Ch.
Links Verlag, Berlin
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