Welcome to Canada





Neugierig schaut der Teenager auf das Willkommensschild. Kanada, das verheissungsvolle Land! Es ist ein Tag im Jahr 1955. Neben und hinter ihr stehen ihre elf Geschwister und die Eltern. Gemeinsam sind sie in Holland aufgebrochen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Der Vater war Mezger und wollte Farmer werden. Ihr Onkel war schon voran losgefahren, hat sich um eine Farm beworben.

Nach der schaukelnden Überfahrt, viele waren seekrank geworden, war das Mädchen froh, wieder stabilen Boden unter den Füssen zu haben. Sie sind am Pier 21 in Halifax angekommen. Mit vielen anderen wird die Familie in einen riesigen Raum gebracht, wo alle Platz nehmen können. Stundenlanges Warten, müde lehnen sie sich aneinander. Sie werden medizinisch untersucht, befragt, registriert.
Legte ein grosses Schiff an, waren es rund 2000 Leute auf’s Mal, bei kleineren Booten ein paar Hundert.
Dann kommt der erste Schock. Alle Lebensmittel, alle Samen, Kerne, Knollen müssen sie am Zoll abgeben. Aus Angst vor Krankheiten, die eingeschleppt werden könnten, darf absolut nichts eingeführt werden! (Übrigens dies gilt heute noch).
Die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen war nicht nur für die Einwanderer, auch für die Kanadier eine Herausforderung. Zur damaligen Zeit waren Frischprodukte rar und teuer.
Dann dürfen sie über eine Passerelle zum Bahnsteig hinüber, wo ein Spezialzug auf sie wartet. Die Waggons sind den Bedürfnissen der Einwanderer angepasst worden. Jeder Waggon ist mit einer Küche ausgestattet, die Bänke sind zu Liegen ausziehbar. Hart, unbequem, aber funktionell. Mit diesen Massnahmen konnte die Bahnfahrt günstiger angeboten werden und so verlassen viele der Neuankömmlinge mit dem Zug Halifax.

Sie haben es geschafft, sie dürfen sich nun im Land frei bewegen, hinfahren wohin sie wollen, sich ein neues Leben erarbeiten. Ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl!

Wie sie und ihre Familie sind zwischen 1928 und 1971 rund eine Million Menschen am Pier 21 in Halifax ins Land gekommen, voller Hoffnung auf eine glücklichere und bessere Zukunft! Die meisten von ihnen sind aus wirtschaftlichen Erwägungen aufgebrochen. Ein paar wenige sind aus den baltischen Staaten, Ungarn, Polen, Tschechien vor politischen Verfolgungen geflohen.
Kanada hat praktisch alle von ihnen aufgenommen. Über Jahre gab es auch Abkommen zwischen den europäischen Ländern und Kanada. Die Auswanderungswilligen wurden finanziell unterstützt, die europäischen Länder entlastet, im Ankunftsland Kanada war man froh um die jungen, gesunden Arbeitskräfte. In dieser unendlichen Weite war mehr als Platz genug, es gab und gibt viel zu tun in diesem riesigen, grünen Land.

Trotz der grosszügigen Einwanderungspolitik, Rassismus war dennoch vorhanden. Über Jahre wurden Schwarze und Mohammedaner abgewiesen mit der Begründung, sie würden das kalte Klima nicht ertragen. Für die Süditaliener oder Portugiesen galt dies nicht, obwohl es für sie bestimmt auch nicht einfach war, sich an die Kälte zu gewöhnen.

Heute ist das Pier 21 ein Museum, das noch an diese grosse Einwanderungswelle erinnert. Nicht mehr mit auswanderungswilligen Europäern belegte Dampfer legen hier an, nein gigantische Luxuskreuzer mit Touristen aus aller Welt kommen nun auf dem Pier an, schlendern, wo damals in den überfüllten Räumen die Leute ausharrten, durch Shops und Cafés.

Der neugierige Teenager von damals ist inzwischen eine über 80 jährige Lady, die wir hier kennen lernen durften, geworden. Sie hat sich erfolgreich in dem neuen Land behauptet, Kanada ist ihre Heimat! 

am Pier 21 in diesem Gebäude ist das Mädchen 1955 angekommen

heute legen Luxuskreuzer am Pier 21 an

Kommentare