Glaumbær - ein Blick ins letzte Jahrhundert
Von weitem höre ich die Stimme meiner Grossmutter, sie ruft mich.
Schnell schwinge ich mich vom Hochbett hinunter, trete durch die Türe in die grosse Bettstube. Durch den Mittelgang gehe ich zwischen den Betten hindurch. Rechts, beim Fenster sitzen die Mägde zu zweit auf einem Bett. In den Händen halten sie ihre Handarbeiten. Die einen stricken, die anderen häkeln oder sticken in der Nähe der Fenster, wo sie für ihre Arbeiten genügend Licht haben. Die eine will wissen, ob ich heute das Essen bringe, eine andere will mit mir schwatzen. Keine Zeit, rufe ich im Vorbeigehen!
Auf der anderen Seite des Ganges sitzen je zwei Männer auf den Betten. Der eine flicht aus Rosshaar stabile Stricke, ein anderer schnitzt an einem Stück Holz herum.
Rasch verschwinde ich im separaten Raum meiner Grossmutter. Sie erwartet mich schon. Sie gibt mir die Anweisung, in der Küche für sie einen Tee zu holen und mit der Köchin die Essensverteilung abzustimmen.
Sofort gehe ich durch den dunklen, schmalen Gang zur Küche. Von der Decke herab hängen Fleischstücke, die im Rauch langsam trocknen. Unsere fröhliche Köchin rührt mit einem grossen Löffel in einem riesigen Topf mit Suppe. In einer halben Stunde sei das Essen bereit, kriege ich zur Auskunft. Jeder der Bewohner besitzt ein hübsch verziertes Holzgefäss, welches auf einem Gestell neben dem Bett steht. Wir Kinder gehen dann mit diesen Töpfen in die Küche und «servieren» den Mägden und Knechten das Essen ans Bett. In Glaumbæer spielt sich der Alltag auf dem Bett ab, sonst gibt es keinen Raum!
Mit einem Becher Tee gehe ich wieder zur Grossmutter zurück.
Da höre ich Stimmen im grossen Vorraum. Grossvater ist mit zwei Knechten und unserem Gast, den Herr Pfarrer, zurückgekommen. Schnell rufe ich zwei meiner jüngeren Geschwister und wir gehen in den Vorraum, um den Männern aus den Mänteln und Schuhen zu helfen.
Schon bald sitzen die Erwachsenen im Besucherzimmer und geniessen eine warme Suppe. Der Sturm hat zugenommen und pfeift um das Haus. Meine Grossmutter hat den Pfarrer, der gleichzeitig auch der Lehrer der Kinder ist, eingeladen. Sie möchte, dass er auch im Sommer den Unterricht an uns Kindern weiterführt. Mein jüngerer Bruder zieht eine Grimasse; viel lieber ist er bei den Pferden draussen! Aber sie ist der Meinung, dass nur Leute mit Bildung das Geschick haben, eine Gemeinschaft zu leiten, die auf solch engen Verhältnissen zusammenlebt.
Es ist trocken und warm in unseren Häusern. Jeder Raum wurde mit Torfziegeln errichtet und mit Grassoden gedeckt. Der Dachstuhl, Möbel, Gefässe und vieles mehr wurde aus dem angeschwemmten Treibholz gefertigt. Geheizt und gekocht wird mit Torf und getrocknetem Schafdung oder Schwemmholz. Die einzelnen Zimmer oder Häuschen sind intern mit einem langen Gang verbunden.
So bleibt die Kälte und Nässe draussen.
Die Schmiede ist ein einzelner Raum von aussen zugänglich. Der Schmied ist ein wichtiger Mann auf dem Bauernhof, schärft er doch die Sensen, ebenso wie die anderen Werkzeuge und Geräte für die Landwirtschaft.
Der Lagerraum für die Brennmaterialien und weitere Lagerräume sind ebenfalls nur von aussen erreichbar.
Am liebsten ist mir die Bettstube am Abend. Zu zweit sitzen sie auf den Betten, gehen ihren Handarbeiten nach und alle finden es ganz toll, wenn ich aus dem grossen Buch der Saga Geschichten vorlese. Dann hören sogar meine Geschwister und Eltern gespannt zu.
Zur Schlafenszeit zieht man, immer noch in die Wollkleider gehüllt, wollene Decken und Federbetten über sich. Mit dem Bettkantenbrett werden die Decken festgezurrt.
Zufrieden liege ich neben meiner Schwester unter den Decken und freue mich, wenn der Schulunterricht morgen wieder startet.
Die Bettstube eines isländischen Hofes ist das Zentrum des Hauses. Hier speisen, arbeiten und schlafen der Bauer, seine Familie und die Landarbeiter.
Auf der Foto der Blick auf die hellere Fenster- Seite, wo sich die Frauen aufhalten.
Auf der gegenüberliegenden Seite halten sich die Männer auf. Meist wohnen und schlafen sie zu zweit pro Bett.
Die separate Stube des Bauern- Ehepaars
Blick in den langen Verbindungsgang, der intern die einzelnen Zimmer verbindet.
Gut ist hier die Bauweise mit den Torfrasenstücken zu sehen in einem perfekten Fischgrätmuster!
In der Küche werden die Mahlzeiten für mehr als 20 Personen gekocht. Ausserdem diente sie als Räucherkammer, geräuchtes Fleisch hing von der Decke herab.
Diese Küchen überdauerten oft lange Zeit, weil die Rauchablagerungen auf dem Holz zusammen mit dem trockenen Luftzug schützend wirkten.
Der normale Brennstoff war Torf oder getrockneter Schafsdung,
In den Vorratskammern wurden unterschiedliche Gefässe mit Innereien, Blut- Leberwurst, saure Molke, Skyr, Butter, Sahne und vieles mehr aufbewahrt. Die Kühle der Räume in den Torfhäusern ist ideal, um Lebensmittel aufzubewahren.
Schneeschuhe, Schlittschuhe aus Pferdeknochen und weitere Gerätschaften hangen bereit.
Von aussen zugänglich sind die Werkstätten, hier ist eine alte Drechslerbank ausgestellt.
Beim Schmied in der Werkstatt hängen viele Objekte. Sättel, Trensen, Sensen und weitere Werkzeuge aus Metall.
ein sehr schöner Damensattel
Ein altes Bild von einem Bauernhof in Torfbauweise, hier nur noch eine Ruine.
Eine bescheidene Behausung, aber alles aus natürlichen Materialien
Die Neigung des Daches ist ausschlaggebend, ob das Dach dicht bleibt oder nicht!
Diese kleine Kirche in Torfbauweise wird sogar noch von einem Torfwall umschlossen.
Glaubær von hinten mit den grünen, kompakten Grasdächern
In der Nähe liegt der bescheidene Friedhof
Der Übersichtsplan von Glaumbær. Darauf ist der lange Verbindungsgang und die dicken Torfmauern zwischen den Zimmern gut sichtbar.
Sehr Interessant - weiterin gute Reise mit vielen interesssnten Eindrücken Liebe Grüsse aus Bern im Moment in der Provence Mimy
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