Ukraine das Land der Gegensätze
Die gigantischen Unterschiede zwischen Stadt und Land sind
augenfällig! Die Querverbindung durch die riesige Tiefebene in der
Mittelukraine ist wohl gut ausgebaut, führt zwischen Alleen durch, aber kaum verlässt man die
Abfahrt beginnt die Sand/Kies oder gepflästerte Strasse zum nächsten Dorf.
Riesige Felder, soweit das Auge reicht! Da sehen die
Traktoren und Mähdrescher wie Spielzeuge darauf aus! Doch neben den riesigen
Feldern stehen die ärmlichen Dörfer.
Sogar die Pferde fehlen! Auch sehen wir nie Wildtiere und
wir campen sehr oft an Waldrändern, weitab der Dörfer und Städte.
Die Abfallbewirtschaftung ist leider auch noch nicht gelöst.
Berge von Abfällen wird aus der Stadt abtransportiert und auf dem Lande
deponiert. Nach einem Picknick im Grünen wird der Abfall einfach liegen
gelassen!
Wir stehen an einem hübschen Platz am Ufer eines Flusses.
Nur eines stört, der Abfallhaufen! So streifen wir Handschuhe über und säubern
den Platz. Später erscheint ein Mann auf einem Fahrrad und beginnt neugierig
ein Gespräch. Woher kommt ihr? „Wir sind Schweizer“ bekommt er zur Antwort. „Aha,
ja ich habe beobachtet, wie ihr den Abfall zusammengeräumt habt!“
Unsere Route hat uns am Sperrgebiet von Tschernobyl
vorbeigeführt.
Die nukleare Katastrophe vom 26. April 1986 in Chornobyl
(Tschernobyl) ist kein Thema, über das geredet wird. Die jungen Ukrainer kennen
die Katastrophe nur aus dem Geschichtsbuch, die älteren verbinden die
Katastrophe mit dem Zerfall der Sowjetunion. Den Betroffenen wird schlecht oder
nicht geholfen und fühlen sich vergessen!
Auch sind die Auslegungen der Fakten sehr kontrovers.
Die Strahlenbelastung im Sperrgebiet ist sehr
unterschiedlich. Auf einer glatten Betonfläche kann die Strahlenmessung gleich
null sein, im Wäldchen dagegen kann der Geigenzähler rattern! So ist die
Aussage, die Verstrahlung sei verschwindend klein ebenso nicht gelogen wie die
Feststellung, noch immer sei das Gebiet hoch verstrahlt!
Im Jahre 1986 wurden die Stadt Prypiat und in der 30-
Kilometer Zone rund 116 000 Leute evakuiert, später nochmals 240 000 Personen
umgesiedelt.
Über die Zahl der Erkrankten und Verstorbenen gibt es sehr
unterschiedliche Angaben.
Auch über die Langzeitschäden gehen die Meinungen weit
auseinander!
Tatsache ist, dass bis heute die Katastrophe von Tschernobyl
noch immer immense Kosten verursacht und der Region riesigen wirtschaftlichen
Schaden bringt. Auch die Sicherheit des Sperrgebietes gegen aussen hin
gestaltet sich schwierig. Nach Überschwemmungen drohte der Damm, der das
kontaminierte Wasser zurückhielt, zu brechen. Auch bei Waldbränden besteht die
Gefahr, dass mit der Asche die Radioaktivität im Umland verstreut wird.
Die Natur hat sich im Sperrgebiet ohne den Eingriff des
Menschen sehr gut erholt und die Vielfalt der Fauna und Flora hat zugenommen.
Neuerdings werden als eine Art Extrem Tourismus Ausflüge
nach Tschernobyl angeboten. Wir haben davon Abstand genommen!
Riesige verlassene Fabrikareale gibt es in der Ukraine
leider viele, verlassene, überwucherte Häuser ebenfalls und Natur pur geniessen
wir lieber ausserhalb der Sperrzone!
Im äussersten nordwestlichen Zipfel der Ukraine besuchen wir den Shats Nationalpark. Eine wunderschöne, unberührte Seenlandschaft. Nun im Herbst ruhig und beschaulich. Nur die Fischer und Pilzsammler treffen wir an und sie kommen teilweise für einen Schwatz vorbei. Der eine möchte Auskunft über das Auto und den Aufbau, der Andere sieht das Foto von Robi auf dem Nürburgring und erzählt begeistert, dass er Motocross Rennen gefahren sei, die Meisten aber kommen wegen Targia fragen. Ist das ein Jagdhund? Die Diskussionen werden meist auf Ukrainisch und Schweizerdeutsch geführt untermalt mit Händen, Füssen und Mimik.
In Scharen, und das darf wörtlich genommen werden, schwärmen
die Einheimischen in die Wälder und kommen zurück, die Körbe an den Armen hoch
mit Pilzen beladen. An den Strassenrändern setzen sich einige geduldig hin und hoffen auf Käufer. Nicht nur
Pilze werden verkauft, auch Gemüse, Früchte, Korbwaren, Besen, alles was ein
bisschen Geld einbringen kann.
Im Dorflanden „verprassen“ wir noch unser ukrainisches Geld.
Der Umsatz bringt die Damen zum Strahlen!
Hier sind wieder Pferdefuhrwerke auf der Strasse, vor der
Schule liegen dutzende alter Fahrräder im Gras (Ständer kennen sie nicht!). Die
Häuser sind bescheiden, die Felder klein und von Hand bewirtschaftet.
Der Alltag nimmt seinen traditionellen Gang, ohne erkennbare
Hektik.
Über eine kleine Strasse fahren wir Richtung Grenze und
werden freundlich und neugierig empfangen. Jeder möchte ins gri-gri gucken! Das
erste Mal an einer Zollstation! Wir sind auch die einzigen hier!
Ja und dann stellt sich heraus, dass hier ein schmaler
Korridor von 5km Breite durch Belarus
nach Polen führt – und logisch, ohne Visum dürfen wir nicht durch! Auf der
Karte der Ukraine nicht wirklich ersichtlich.... Lachend verabschieden wir uns
und fahren wieder in den Park zurück, um auf der nächsten Querverbindung DIREKT
nach Polen zu reisen.
So verlassen wir dieses riesige, gegensätzliche Land mit vielen guten Erinnerungen an seine freundlichen, hilfsbereiten und lachenden Menschen.
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