Aus dem Geographieunterricht ist mir der Aralsee noch in Erinnerung als
einen der grössten Seen der Erde. 1960 wies er eine stolze Fläche von rund
64'000 km2 auf und war ein fischreicher Salzsee. Heute beträgt die Fläche des
nördlichen Aralsees noch rund 3300 km2!!!
Unter Stalins Führung wurden gigantische Bewässerungsprojekte für Baumwolle
und Reis, zwei sehr Wasser intensive Kulturen, realisiert. Der Wasservorrat der
riesigen beiden Zuflüsse schien unermesslich gross! Doch schon ab 1975
erreichte der Hauptzufluss im Norden, der Syrdarja, den See nicht mehr. Das
Volumen verringerte sich dramatisch, ab 2003 noch schneller als prognostiziert.
Der See teilte sich in zwei Seen auf, durch die Verringerung des Wasservolumens
um 90% erhöhte sich der Salzgehalt um das vierfache. Der Fischreichtum wurde
zerstört, der See galt als tot. Angesichts des gigantischen Ausmasses der
Katastrophe und der Verantwortlichkeit von Kasachstan und Usbekistan, scheint
eine Gesamtlösung nicht realistisch. So greift Kasachstan zu einer Teillösung,
um den kleinen, nördlichen Teil des ehemaligen Aralsees zu erhalten. 2005 wurde
ein Damm erstellt, um das Wasser zurückzuhalten und den Wasserspiegel
anzuheben. Ebenfalls wurden die Bewässerungskanäle saniert, damit dem See
wieder mehr Wasser zugeführt werden kann. Seit 2008 erholt sich nun der
nördliche Teil des Sees langsam wieder. Es gibt sogar wieder Fische im See.
Aber dies auf Kosten des südlichen Sees. Dieser verschwindet allmählich!
Flächenmässig der grösste Teil des ehemaligen Sees ist nun eine Salzwüste.
Die Computeranimation im Wikipedia zeigt interessant und anschaulich,
wie dramatisch sich der See in den letzten 50 Jahren verändert hat.
Als Folge der Verlandung blieben im ehemaligen Seegrund riesige
Salzablagerungen und hohe Pestizidrückstände zurück, welche die Umwelt enorm
belasten. Die Bevölkerung rund um den ehemaligen See leidet daher viel häufiger
unter diversen Erkrankungen.
Ende Mai 2014 stehen wir am ehemaligen Hafen in Aral und diskutieren mit
einem Mann, der als Junge hier noch gebadet hat! Das einstige Fischerdorf ist
nun eine Wüstenstadt geworden!
Die Kräne recken ihre rostigen Hälse gegen den Himmel, im Hafenbecken
liegen Reste von Schiffen, oberhalb der Wasserlinie wurden die Eisenteile zur
Wiederverwendung abgetrennt!
Die Bewohner mussten sich mit dem Wandel arrangieren. Es herrscht reger
Verkehr und Betrieb auf dem Marktplatz. Wir machen uns auf, um an das Seeufer
zu fahren. Die Piste führt erst über die einstige Seekante hinab auf den Grund.
Kilometer um Kilometer fahren wir auf der „Muschelstrasse“. Die Piste ist hell
von den zerstampften Muscheln. Seitlich ist der Boden mit unzähligen
Muschelschalen übersät. Nach rund 25 Kilometern erreichen wir eine verfallene
Hafenmole. Der ehemalige Fischerhafen, verbunden mit einer Fahrrinne zum See
wurde gebaut, als sich der See von Aral zurückzog. Er diente noch eine Weile
als Hafen, bevor sich der See weiter zurückzog. Wo einst ein munteres Teiben
herrschte, Fische entladen wurde, ist nur noch Verfall und Trockenheit. Heute
bläst ein heftiger, heisser Wind, es „stinkt“ richtig, ganz anders, wie in der
höher gelegenen Steppe. Wir fahren weiter und kommen zur ehemaligen Fahrrinne.
Es hat sogar Wasser, gesäumt von grünen Pflanzen. Und dann gelangen wir nach
rund 42 Kilometern in die Nähe des Seeufers und sehen hinter dem Sumpfgürtel
die Wasserfläche! Gemessen an der ganzen Grösse des ehemaligen Sees ist dies
„nichts“ aber für uns doch eindrücklich, so weit durch einen ehemaligen See zu
fahren und die Auswirkungen der Wassermisswirtschaft von gestern jetzt zu
sehen!
Auf dem örtlichen Flughafen bei Aral treffen wir auf die Filmcrew von
Arte. Sie sind daran, einen Film über die Wasserwirtschaft in Zentralasien zu
drehen. Wir haben Glück und dürfen auf einen kleinen Rundflug mit und können so
den ehemaligen Seegrund bei Aral von oben anschauen! Danke dem unkomplizierten
Team!
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verrosteter Ladekran, das Mahnmal |
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ehemaliger Hafen mit gestrandeten Schiffen
die Eisenteile oberhalb der Wasserlinie sind zwecks
Wiederverwertung abgetrennt worden |
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gestrandetes Schiff, heute als Museum zu besichtigen |
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auf dem Hauptplatz von Aral |
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in der Markthalle wird alles angeboten |
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Piste auf dem ehemaligen Seegrund |
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die "Muschelstrasse", mehrheitlich als Wellblech! |
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ehemaliger Seegrund neben der Piste |
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Hafenmole in der Steppe |
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mit Blick auf die ehemalige Fahrrinne |
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Fahrrinne 15km weiter Richtung heutigem Seeufer |
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Salzablagerungen im ausgetrocknetem Aralsee |
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die Piste wird nach Regen zu einer Rutschpartie! |
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Jungs, das Empfangskomitee in einem Dorf, das früher am
Seeufer lag und heute mitten in der Steppe |
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ein stürmischer Wind kommt auf |
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die Kamelstute mit Jungem kommt vertrauensvoll zum
gri-gri in den Windschatten |
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Sie verschiebt gar die Leiter, um den optimalen Windschutz
zu erreichen und so verbringen die Beiden eine ruhige
Nacht neben dem gri-gri |
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mit dem Agraringenieur von Aral vor dem Doppeldecker |
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Aral aus der Luft
Die Salzablagerungen zeigen die ehemalige Wasserrinne |
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die ehemalige Uferkante ist noch immer gut sichtbar |
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beim interessanten Flug |
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die Filmcrew von Arte bei der Arbeit! |
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Erinnerung an das Fischerdorf Aral |
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