Wohin geht die Türkei?
Würdevoll schreitet die Delegation voran, begleitet von den im
Stechschritt gehenden Soldaten, der Schall der Fanfaren hallt durch den grossen
Raum. Während dem das Blumenmedaillon
niedergelegt wird, verharrt die ganze Gruppe in Gedenken an den Staatsgründer, Mustafa Kemal, Atatürk (Vater der Türken). Gross, aber schlicht ist die Gedenkstätte für Atatürk in Ankara.
Wir wandern durch das Museum, das seinem Wirken gewidmet ist.
Wir können kaum fassen, was er alles in ein paar Jahren durchgesetzt und
erreicht hat. Und derart umfassend!
Ab 1923, in unglaublich kurzer Zeit und teilweise mit Härte und
Rücksichtslosigkeit setzt er seine Visionen in die Tat um.
Atatürk verändert die Grundlagen der Politik, des Rechts, der
Familie, der Kultur. Er verordnet seinen Bürgern eine neue Sprache, ein neues
Alphabet, neue Kleider – ein völlig neues Denken. Er entreißt seinem Volk die
Grundlagen und verordnet ihm neue, westliche.
Ihm ist die Trennung von Staat und Religion sehr wichtig. Frau
und Mann sind gleichberechtigt und gleichwertig!
Mann kleidet sich westlich mit europäischem Hut. Die Frau ist
chic frisiert und modisch gekleidet. In der neu gegründeten Hauptstadt Ankara
pflegt man den westlichen Lebensstil.
Diese liberalen Grundgedanken, wie auch die Trennung von Staat und Religion werden heute wieder in Frage
gestellt. Unter der jetzigen Regierung von A. Erdogan ist eine sicht- und
spürbare Gegenbewegung im Gange. In vielen Lokalen wird kein Alkohol
ausgeschenkt. Vermehrt tragen auch sehr junge Frauen das Kopftuch wieder. Aber
beileibe nicht als modisches Accessoires, nein als Ausdruck für eine neue
religiöse Gesinnung. Zurück zur Patriarchalen Gesellschaft, wo der Mann das
Sagen hat, die Frau zu Hause am Herd wirken kann und die Untertanin des Hausherrn
ist?! Wo die Ausbildung der Mädchen eine untergeordnete Rolle spielt, da sie ja
ohnehin erst für die Familie da zu sein hat, bevor sie an eine Arbeit ausserhalb
des Hauses nur denken kann?
Noch ist Atatürk allgegenwärtig. In jedem Verkaufsladen hängt sein
Bild, unzählige Monumente, Statuen und Büsten erinnern an ihn. Wie lange noch?
Erdogan versteht es gut, sich zu inszenieren. Überall hängen Plakate,
die in bei Kampagnen zur Unterstützung der Armen, bei grossen Staatsprojekten
zeigen. So sichert er sich eine grosse Zahl von Wählern. Geschickt schart er
gleichgesinnte Leute um sich, um die angestrebten Veränderungen durchzusetzen.
Auch auf religiöser Seite wird aufgerüstet. Noch nie haben wir
eine derart erdrückende Dichte von Moscheen gesehen! Zur Gebetszeit hallen aus verschiedenen
Richtungen, verzerrt durch mehrere Lautsprecheranlagen, die Rufe des Muezzins
durch die Strassen der Dörfer und Städte.
Viele Türken wehren sich gegen diese Absichten, protestieren,
wie am 29. Oktober zum 90. Geburtstag der Türkei. Aber der Protest wird mit
massiver Polizeipräsenz und Verhaftungen zerschlagen.
Es sind viele, darunter auch viele Rückwanderer aus Deutschland,
die in der wirtschaftlich aufstrebenden Nation wieder Fuss gefasst haben, die
sich grosse Sorgen um die politische Zukunft des Landes machen.
Sieht man sich die Bevölkerungszahlen an, versteht man die Angst
der Protestierenden und mancher liberal Denkenden. Gegenüber der stark
wachsender Zahl der ländlichen Bevölkerung in Anatolien und den anatolischen
„Auswanderern“ in die Großstädte ist die westlich orientierte Bevölkerung je
länger je mehr in der Minderheit.
Darum ist es denkbar, dass mit demokratischen Mitteln, mit
Wahlen, sich die Türkei in einen islamischen Staat wandelt.
Die Zukunft wird es zeigen!
Wir dürfen heute dieses wunderschöne, abwechslungsreiche Land
mit solch warmherzigen, gastfreundlichen und liebenswerten Bewohnern
unbeschwert bereisen. Überall treffen wir offene Türen, Ohren und Arme; werden
willkommen geheissen und freudig begrüsst!
Selbst in den heruntergekommenen Hütten auf dem Hügel um die
Zitadelle von Ankara fühlen wir uns willkommen. Die Bewohner schauen uns
neugierig entgegen und erwidern unseren Gruss. Das Ehepaar, das vor seiner
abgebrannten Hütte Eier mit Brot zubereitet, winkt uns lachend zu und wünscht
uns einen schönen Tag!
das Mausoleum in Ankara |
im Stechschritt |
Niederlegung des Blumenschmuckes |
der Sarkophag, Atatürk ist in der Erde darunter beerdigt |
Erinnerungsbild der Delegation |
in der Wandelhalle |
der grosszügige Zugangsweg |
die Anlage im Modell |
Aussicht vom Mausoleum auf Ankara im Smog |
auch hier wird enorm viel gebaut |
Blick auf den Burghügel |
Aussicht vom Burghügel auf die Altstadt von Ankara, die in einem denkwürdigen Zustand ist! |
neugierig schaut der Knabe aus dem Fenster |
und lacht und plaudert mit uns |
hier hat es gebrannt |
trotzdem wohnt das Paar noch hier und begrüsst uns freundlich |
die Nachbarschaft |
wo die Touristen zur Burg gehen ist eine Häuserzeile hübsch renoviert |
auch von oben sieht man die neu gemachte Häuserzeile, daneben die baufälligen Gebäude |
in der Altstadt |
Verdienstmöglichkeit an der Burgmauer |
und beim Parkplatz |
im kleinen Beizli wurden wir mit einem feinen Kebab verwöhnt |
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