1816 Pelzhandelstation Fort William
Der Doktor, seine Familie und die rund 20 Mitarbeiter freuen sich an diesem sonnigen Sommertag auf die vielen Gäste. Bis in einem Monat werden es rund 2000 Leute sein, die sich im grosszügigen Innenhof und rund um das Fort aufhalten werden.
Aus allen Himmelsrichtungen kommen sie!
Die reichen schottischen Geschäftsleute in Begleitung ihrer Angestellten fahren mit grossen Kanus von Montreal her. Mehrere Männer paddeln die reiche Fracht, bestehend aus Wolldecken, Gewehren, Munition, Fallen, Pfannen, Töpfen und noch vielem mehr.
Die Einheimischen, Voyageurs, Trapper paddeln in ihren Kanus daher, die vollbepackt mit wertvollen Pelzen sind.
Sie alle treffen sich im Fort, um die Pelze gegen die Waren aus Montreal einzutauschen.
Die Pelze werden entpackt, getrocknet und der Wert klassiert.
Auch die Wolldecken und alles andere haben einen bestimmten Wert.
Da die Biberfelle mit Abstand die zahlenmässig grösste Menge stellen, wird der Wert in Biberfelleinheiten umgerechnet. Zum Beispiel entspricht der Wert einer Wolldecke einem Wert von 7 Biberfellen.
Für die Voyageurs, Trapper und Bootsleute, die tagtäglich gegen die Naturgewalten kämpfen, sich gegen die Angriffe eines Wildtieres wehren, die Flussläufe, Strömungen und unwegsame Gebiete genau kennen müssen, immer auf sich alleine gestellt; ist diese kurze Zeit wie Ferien! Sie kriegen zu essen, haben einen Schlafplatz und für einmal viele Leute um sich herum, die Abwechslung und Zerstreuung bieten! Der Koch, der Bäcker und die zahlreich angeheuerten Helfer haben alle Hände voll zu tun; backen zentnerweise Brot, rühren auf riesigen Töpfen Suppen und Gerichte, damit die feinen Herren, die im grossen Saal speisen, daneben die weniger wichtigen Herren und draussen vor der Sommerküche die einfachen Leute satt werden.
Der Doktor behandelt die kranken Leute, verkauft aus seiner umfangreichen Apotheke Heilmittel der damaligen Zeit. Daneben ist er auch als Zahnarzt tätig. Die reichen Herren gönnen sich den Luxus, vom Zuckerstock ein Stück Zucker hinter den Stockzahn zu schieben, um den süssen Geschmack lange zu geniessen. Dadurch gehen die Zähne kaputt und der Doktor hat eine eigens dafür konstruiertes Instrument, um die Zähne zu ziehen!
Der Hudson Bay Company, welche das Fort betreibt, ist daran gelegen, ein einvernehmliches Miteinander zu erreichen. Besonders auch zwischen den Einheimischen und den Weissen. So wird es gern gesehen, dass sich weisse Männer Indianerinnen zur Frau nehmen. Damit wird das Band, auch im wirtschaftlichen Sinn geflochten, ist doch damit eine Sippe oder gar ein ganzer Stamm mit der Company liiert.
Selbst der Doktor vom Fort hat eine Cree Frau und mit ihr mehrere Kinder.
Auch ist der Company und deren Vertreter bewusst, dass der lukrative Handel ohne das Wissen der Einheimischen nicht möglich ist. Wo sind die besten Jagdgründe, wie bringe ich die begehrten Felle ohne Zwischenfall zum Fort? Und schlussendlich wollen sie ihre Decken, Stoffe, Gewehre und Fallen dafür eintauschen, damit der Handel (vor allem für sie) weiterhin gewinnbringend und blühend ist!
Die Anishnawbe, welche in der Region ansässig sind, leben an einem festen Standort und gehen von dort aus auf die Jagd. Entsprechend sind ihre Tipis gebaut. Sie sind mit Birkenrinde eingedeckt. Im Winter wird eine Moosschicht darauf gepackt und nochmals mit einer Birkenrindenplatte belegt. Mit dem Schnee ist das Tipi perfekt isoliert, durch das Feuer im Innern sehr warm, wärmer als in dem isolierten Winterhaus vom Doktor!
Teilweise kommen einzelne Familien oder von weiter her Abordnungen von Stämmen mit den Fellen.
Sogar die Cree reisen von der Prairie an, in erster Linie nicht für die Bisonfelle, nein ihr Pemmikan, das haltbar gemachte Gemisch von geräuchertem Fleisch, Fett und Beeren war damals die Energienahrung für den Winter, geschmacklich wohl nichts für unsere Gaumen, aber effektvoll! Ihre Lager errichten sie rund um das Fort und nutzen die Gelegenheit, für ihre Felle und Güter Waren einzutauschen, die ihnen das Alltagsleben leichter machen.
Nachdem der Handel abgeschlossen ist, machen sich die Akteure wieder auf den Weg. Die Händler mit ihren Angestellten, die Kanus mit wertvollen Fellen beladen, nach Montreal, die Fallensteller und Einheimische gehen mit den eingetauschten Waren zurück zu ihren Jagdgründen und Sippen.
Dann wird es ruhig in Fort William, die Häuser und Lagerhallen sind leer für den Rest des Jahres – bis dann im nächsten Sommer der Trubel wieder von neuem los geht!
Das Fort William wurde in den 1970er Jahren nachgebaut und dient seither dem Geschichtsunterricht.
Während den Sommermonaten werden diverse Kurse angeboten, den Kindern vielfältige Spiel Möglichkeiten offeriert! Das bunte Treiben, wie damals, nun auf die heutige Zeit adaptiert, nimmt ihren Lauf!
Nun steht, wie damals zu dieser Jahreszeit, das Fort praktisch leer. Wir kriegen sogar eine Privatführung, da weitere Gäste fehlen. Mit viel Feuer und Engagement erzählt die Führerin, welche eine junge Anishnawbe darstellt und entführt uns in die Welt von 1816 des Pelzhandels im Fort William, Thunder Bay, Ontario, Canada.
Der Eingang zum Fort; die Pallisaden dienen zum Schutz vor wilden Tieren
die Felle werden ausgepackt und ihr Wert bestimmt |
Unten rechts auf der Wolldecke ist der Wert in Form der 3 langen und 1 kurzen Balken eingewoben. Dies entspricht 7 Biberfellen |
die gut ausgestattete Apotheke des Doktors |
mit diesem Elektroschockgerät behandelte der Doktor schmerzende Gelenke. |
vorne links im Bild das Instrument, um Zähne zu ziehen! |
Der Schreibtisch des Doktors |
und sein Schlafzimmer. Die Felldecke besteht aus 120 Hasenfellen! |
der grosszügige Innenhof, damit alle Händler und Waren Platz finden |
im Gespräch mit unserer Erzählerin |
ob er den Wein für die Herren bringt? |
Blick auf die Herrenhäuser. In der Mitte das Haupthaus mit dem grossen Saal |
die Backstube mit den grossen Teigtrögen |
ein kleverer Grill mit Hitze- Reflektor, das Geflügel kann hängend gedreht werden |
der luxuriöse Speisesaal für die reichen Händler |
Mann liess es sich gut gehen! |
eine erste Karte der Region mit Seen und Wasserläufen ist ein wichtiger Fortschritt |
der Laden für die begüterten Händler mit edlem Porzellan und schönen Stoffen |
Wolldecken für die Einheimischen |
und Güter des täglichen Bedarfs |
darin werden die Waren im Fort transportiert |
die Vorratshäuser, welche die meiste Zeit leer stehen |
ein Tipi der Anishnawbe mit Birkenrindenplatten gefertigt |
seitlich werden die Platten mit Sehnen an die Holzstangen genäht |
die Nähte zwischen den Birkenrindenplatten werden mit nassen, geschmeidigen, feinen Baumwurzeln gefertigt. Sind diese getrocknet, hält das Werk rund 7 Jahre. |
das Innere des Tipi
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die Überblickskarte zeigt, wie gross das Fort William ist. |
Sehr cool, habe mal wieder sehr viel gelernt bei deinen Beiträgen.Echt super !Wie war es denn im Hotel Carezza bei euch ? Liebe Grüße Selina
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